Als Passivhaus wird gemeinhin ein Gebäude bezeichnet, dessen Wärmebedarf zum überwiegenden Teil aus “passiven” Quellen wie Sonneneinstrahlung oder Abwärme von Personen oder Geräten gedeckt wird. Die sehr gute Wärmedämmung solcher Gebäude in Verbindung mit einer Lüftungsanlage und der Nutzung von Sonnenenergie und interner Wärmequellen gewährleistet ein behagliches Innenklima und einen Heizwärmebedarf, der 15 kWh pro Quadratmeter und Jahr nicht übersteigt.
Der Wärmebedarf eines Hauses in konventioneller Bauweise liegt dagegen bei rund 12.000 kWh im Jahr. Da Passivhäuser etwa 80 bis 90 Prozent weniger Heizenergie benötigen als sonstige Neubauten nach den derzeitigen österreichischen Bauordnungen, ist eine klassische Heizung auch im Winter nicht erforderlich. Ermöglicht wird dies durch die Minimierung von Wärmeverlusten, der Restwärmebedarf wird zumeist über eine Luft-Wärmepumpe gedeckt.
Neben einem optimalen Wärmeschutz, der durch Dämmstärken von durchschnittlich 30 Zentimetern bei Wänden, 35 bis 40 Zentimetern beim Dach und rund 25 Zentimetern beim Fußboden liegt, ist auch die Vermeidung von Wärmebrücken wichtige Voraussetzung zur Erreichung des Passivhaus-Standards.
Passivhäuser sparen enorm viel an Energiekosten
Zu den wichtigsten Vorteilen von Passivhäusern gehören die enormen Einsparungen bei den Energiekosten. Eine Vollwärmeschutz-Fassade, dreifach verglaste Fenster und eine Bauweise ohne Undichtigkeiten sorgen dafür, dass keine Heizwärme durch die Wände oder zum Fenster hinaus verloren geht. Für den Betrieb von Solaranlagen und Wärmepumpen wird nur elektrische Energie benötigt, so dass sich eine völlige Unabhängigkeit von Öl, Gas oder anderen Brennstoffen ergibt.
Dabei führt der geringe Energieverbrauch keinesfalls zu einem Verlust an Komfort: Bewohner von Passivhäusern empfinden das Raumklima als äußerst angenehm, da die Wände ähnlich wie ein Kachelofen Wärme “abstrahlen”. Zugerscheinungen und Kälteempfinden in der Nähe der Außenwände gehören der Vergangenheit an. Dieses Prinzip funktioniert im Sommer in umgekehrter Weise: bei geschlossenen Fenstern und Außenjalousien bleiben die Innenräume auch bei großer Hitze angenehm kühl.
Frischluftversorgung durch die kontrollierte Wohnraumlüftung
Die Frischluftversorgung erfolgt beim Passivhaus durch die kontrollierte Wohnraumlüftung. Dadurch, dass die Luftzufuhr unabhängig vom Öffnen der Fenster geschieht, sind die Bewohner weniger Belastungen durch Lärm, Staub, Pollen und Schadstoffen ausgesetzt. Natürlich können die Fenster auch ganz normal geöffnet werden, doch ist dies auf Grund von Lärm- oder Umweltbelastungen zu manchen Zeiten oder an bestimmten Standorten gar nicht erwünscht.
Wärmepumpe zum Heizen und für das Warmwasser
Wärmepumpen gehören beim Passivhaus neben der Solaranlage, der Lüftungsanlage und der ausgezeichneten Wärmedämmung zu den wichtigsten Komponenten.
Wärmepumpen entziehen der Umgebung Wärme, die zum Heizen und für das Warmwasser genutzt werden kann. Der größte Teil der benötigten Energie wird dabei aus der Umwelt bezogen, also aus dem Erdreich, aus Wasser oder aus der Luft. Der Rest des Energiebedarfs wird durch elektrische Energie gedeckt.
Die Wärme wird in einem geschlossenen Kreislauf von einem Trägermedium in flüssiger oder gasförmiger Form transportiert. Wärmepumpe gelten, da sie größtenteils regenerative Energiequellen nutzen, als besonders umweltfreundlich. Die Warmwasserbereitung wird durch eine Solaranlage übernommen; auch dies ist eine Nutzungsform erneuerbarer Energie. Die laufenden Kosten für Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung betragen bei einem Einfamilienhaus in Passivbauweise lediglich etwa 30 bis 60 Euro im Monat.
Blower-Door-Test zur Überprüfung der Luftdichtigkeit
Die Luftdichtigkeit muss beim Passivhaus mittels eines “Blower-Door-Test” nachgewiesen werden. Dank der kontrollierten Wohnraumlüftung wird die Luftfeuchtigkeit auf einem niedrigen Niveau gehalten, ein Befall mit Schimmelpilzen ist bei dieser Bauweise also so gut wie ausgeschlossen. Auch dem Problem der Feuchtigkeit von Neubauten wird somit wirksam begegnet. Undichtigkeiten in der Gebäudehülle lassen den Energieverbrauch drastisch ansteigen, da in diesem Falle Luft ins Haus eindringt, die nicht vom Wärmetauscher vorgewärmt wurde. Darum ist eine sehr sorgfältige Planung aller Baudetails unumgänglich.
Später auftretende Undichtigkeiten können nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, da die Baumaterialien “arbeiten” und mit der Zeit altern:
- Holz kann sich bewegen oder schwinden
- Silikon- und Acrylfugen können reißen
- PU-Schaum kann porös werden
Eine Verschlechterung beim Energieverbrauch durch materialbedingte Verschleißerscheinungen nach gewisser Zeit ist nahezu unvermeidlich.
Nachteile von Passivhäusern – keine variablen Temperaturen im Haus
Als Nachteil von Passivhäusern wird oftmals genannt, dass die Temperatur in sämtlichen Nutzungsbereichen annähernd gleich ist, obwohl man es sich vielleicht im Bad etwas wärmer und im Schlafzimmer etwas kühler wünscht. Die Möglichkeit, einen Heizkörper etwas stärker aufzudrehen, besteht hier nicht. Ein nächtliches Kippen der Fenster ist nicht möglich, da sich ansonsten die kalte Luft im ganzen Haus verteilt. Als Notlösung behilft man sich daher oftmals mit zusätzlichen, elektrischen Heizstrahlern im Bad. Ein anderer Lösungsweg bietet sich mit der Installation von ungedämmten Zuluftrohren an, die im Bad Wärme und im Schlafzimmer Luft abgeben.
Das Fehlen der Heizkörper führt auch in anderer Weise in manchen Fällen zu einem gewissen Unbehagen: Man ist es vielleicht gewohnt, die Handtücher nach dem Baden oder Duschen auf dem Heizkörper trocknen zu lassen, doch das funktioniert im Passivhaus nicht. Ebenso ist es, wenn man daran gewöhnt ist, sich näher an den Heizkörper zu setzen, wenn man, zum Beispiel nach dem Nach-Hause-Kommen bei feuchter Witterung, friert oder fröstelt.
Trockene Luft durch die kontrollierte Wohnraumlüftung
Ein anderes Problem ist die oftmals als zu trocken empfohlene Luft, eine Begleiterscheinung der Lüftungsanlage im Passivhaus, die für hygienische Verhältnisse sorgt. Wenn die Bewohner tagsüber außer Haus sind, ist die Luft insbesondere im Winter häufig zu trocken. Als Abhilfe bietet sich an, die Lüftungsanlage beim Verlassen des Hauses auf die kleinste Stufe zu stellen, doch kann das gerade im Winter zum Auskühlen des Hauses führen, denn die benötigte Restwärme kann nur über die Lüftungsanlage ins Haus gelangen.
Auch alternative Lösungsansätze wie ein vermehrtes Aufstellen von Zimmerpflanzen oder die Verwendung von Luftbefeuchtern ist nicht wirklich zu empfehlen. In der Praxis haben sich solche Lösungsansätze bewährt, bei denen die zugeführte Wärmemenge von Luftstrom entkoppelt wird, wie beispielsweise über einen raumluftunabhängigen Kaminofen.
Passivhausstandard – Richtlinien und Tipps
Um den größtmöglichen Nutzen aus dem Passivhausstandard genießen zu können, ist die Einhaltung bestimmter Verhaltensrichtlinien durch die Benutzer unumgänglich. Dies betrifft zum Beispiel die Einstellung der Raumtemperatur, die korrekte Nutzung der Lüftungsanlage sowie das Vermeiden der Verletzung der luftdichten Gebäudehülle durch Dübel, Schrauben etc. Durch ungeeignete Verhaltensweisen der Bewohner kann der Energieverbrauch schnell auf das Doppelte des berechneten Wertes schnellen. Vor allem, wenn elektrische Geräte zum Nachheizen verwendet werden, schwindet die Heizkostenersparnis rapide.
In der Theorie soll der Bau eines Passivhauses ohne Mehrkosten im Vergleich zum Niedrigenergiehaus möglich sein. Bei einer solchen Gegenüberstellung sollten allerdings alle Aspekte wie der erhöhte Planungsaufwand des Architekten und ein erhöhter Aufwand bei der Bauüberwachung berücksichtigt werden. Allerdings sollte die Kostenseite nicht alleine betrachtet werden, denn auch bei moderat steigenden Energiepreisen ist das Passivhaus auf Dauer gesehen eine sehr günstige Alternative.